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Lee Krasner (1908 – 1984) – Pionierin des abstrakten Expressionismus

Lee Krasner, 1983
Lee Krasner, 1983

Unbeirrbar, mutig, sich immer wieder neu erfindend – Lee Krasner, New Yorker Malerin mit russischen Wurzeln, ließ sich zeit ihres Lebens nicht von Traditionen oder Regeln einengen. Schon als Kunststudentin widersetzte sie sich den „Schulregeln“ des Naturalismus, verweigerte sich der jüdisch-orthodoxen Tradition, den Witwer ihrer Schwester zu heiraten und ließ sich auch vom männerdominierten Kunstmarkt keinen wiedererkennbaren Stil – den „signature style“ – aufzwingen, um (besser) vermarktet zu werden.
Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen wurde sie lange von der New Yorker Künstlerszene ignoriert, als eigenständige Künstlerin nicht ernst genommen. Sie verschwand geradezu im Schatten ihres berühmten Mannes Jackson Pollock, mit dem sie bis zu seinem Tod 1956 verheiratet war.
Selbst hochtalentiert, setzte sie während ihrer Ehe ihre Energie in die Unterstützung ihres Mannes und trug entscheidend zu seiner künstlerischen Entwicklung und Karriere bei – ein Dilemma vieler (Künstler-)Ehen. Und doch war sie vor allem Malerin, Künstlerin:


Ich habe vor Pollock, während Pollock und nach Pollock gemalt“, sagte Lee Krasner.

Lee Krasner: Studie für ein Wandgemälde, 1940. Gouache auf Papier
Lee Krasner: Studie für ein Wandgemälde, 1940. Gouache auf Papier


Das Besondere an dieser Künstlerin: sie lässt sich in keine „Schublade“ stecken. Sie malt abstrakt, aber dann auch wieder gegenständlich, zerreißt alte Zeichnungen und schafft daraus neue Collagen, sie arbeitet voller Energie mit ganzem Körpereinsatz an großformatigen abstrakten Bildern oder klein und streng geometrisch wie in den „Little Images“ (1946). Ihre Kunst ist ein ständiger Prozess der Zerstörung und Selbsterneuerung.

Ausstellung von Lee Krasners Arbeiten auf Papier im Brooklyn Museum, Dez 1984
Ausstellung von Lee Krasners Arbeiten auf Papier im Brooklyn Museum, Dez 1984

Warum Lee Krasner nicht schon lange weltberühmt ist? Lange galt sie als Randfigur im Schatten des extrovertierten Künstlergenies Jackson Pollock, die seine Alkoholexzesse und cholerischen Anfälle erdulden musste; später wurde sie vor allem als Witwe und Hüterin seiner Kunst abgetan. Und doch gab sie nie auf, erlebte einen künstlerischen Durchbruch nach Pollocks Tod, als sie sein geräumiges Scheunen-Atelier übernahm, das sie zur Arbeit an großen Formaten inspirierte. Und sie kämpfte ganz aktiv darum, endlich von der Kunstszene als eigenständige Künstlerin wahrgenommen zu werden: 1974 steht Lee Krasner mit anderen Künstlerinnen vor dem New Yorker Museum of Modern Art und fordert lautstark, dass das Museum die Kunst von Frauen nicht länger ignoriere. 1984 widmet jenes MoMA ihr schließlich die lang verdiente Retrospektive. Doch kurz vor der Eröffnung stirbt Lee Krasner.

Bis die Künstlerin auch in Europa entsprechend gewürdigt wird, vergehen Jahrzehnte: 2019 zeigt die Schirn Kunsthalle Frankfurt erstmals nach 50 Jahren eine große Retrospektive Lee Krasners in Europa.

Autorin: Andrea Brendel, März 2024

Quellen:

https://www.swr.de/swr2/kunst-und-ausstellung/kuenstlerinnen-des-20-jahrhunderts-laserstein-af-klint-lee-krasner-wiederentdeckt-100.html#Krasner

https://artinwords.de/lee-krasner/

https://www.schirn.de/ausstellungen/2019/lee_krasner/

https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lee-krasner/

https://kingkunst.de/frauen/lee-k

Bilder:

Lee Kraser, 1983. Author: Gotfryd, Bernard, photographer. Gemeinfrei. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lee_Krasner,_artist.jpg

Lee Krasner: Studie für ein Wandgemälde, 1940. Gouache auf Papier. Gemeinfrei. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Brock-Krasner-1.jpg

Ausstellung von Lee Krasners Arbeiten auf Papier im Brooklyn Museum, Dez 1984. Gemeinfrei. File:Lee_Krasner_Works_on_Paper_Exhibition_at_the_Brooklyn_Museum_Dec_1984-_Feb_1985.jpg