Judith Leyster (1609 – 1660) – Leitstern des Goldenen Zeitalters
Die Wiederentdeckung der Judith Leyster
Einem männlichen Künstler wäre das sicher nicht passiert – über Jahrhunderte verschwanden die niederländische Malerin Judith Leyster und ihre Werke von der kunsthistorischen Bildfläche, als hätten sie nie existiert. Was sie gemalt hatte, galt als verloren gegangen oder wurde Frans Hals bzw. ihrem Ehemann Jan Miense Molenaer zugeschrieben. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden nach und nach ihre Werke wiederentdeckt und anerkannt. Es ist dem niederländischen Kunsthistoriker Cornelis Hofstede de Groot zu verdanken, dass unter der gefälschten Signatur von Frans Hals auf dem Gemälde „Lustige Gesellschaft“, die verschlungenen Initialen JL entdeckt wurden, die Signatur von Judith Leyster. Sein Artikel über die zu Lebzeiten berühmte und erfolgreiche Porträt- und Genremalerin führte zu weiteren Nachforschungen. In jahrelanger wissenschaftlicher Detektivarbeit wurden über 20 Gemälde Judith Leyster’s wiederentdeckt.
Leitstern des Barock
„Da gibt es auch viele Frauen, die in der Malerei erfahren und bis heute berühmt sind, die es auch mit Männern aufnehmen können, von denen wird vor allem Judith Leyster genannt, ein wirklicher Leitstern in der Kunst, von dem sie auch den Namen trägt…“ (Theodorus Schrevelius in seinem Buch über Haarlem „Harlemias“ (1647)
Leyster – Leitstern – war eigentlich der Name der väterlichen Brauerei. Als diese 1625 Konkurs anmelden musste, war das wahrscheinlich Judith’s Glück: ohne Mitgift, keine Heirat. Ihre erste Ausbildung zur Malerin bekam sie von dem Haarlemer Porträtmaler Pieter Fransz de Grebber, aber ihr großes Vorbild war der berühmte Frans Hals. Seine virtuose und lockere Art der Pinselführung hat die junge Malerin sehr bewundert und auch beeinflusst.
Ab 1629 beginnt sie ihre Werke zu signieren, mit den verschlungenen Initialen JL und einem Stern, als Anspielung auf ihren Namen. Nur 4 Jahre später wird sie in die Malerzunft von Haarlem aufgenommen, als eine von nur 2 Malerinnen im 17. Jahrhundert! Judith ist jetzt selbständige Künstlerin und Meisterin mit einem eigenen Atelier und sie bildet auch zahlende Schüler aus.
Werke
Judith Leyster malt vorrangig Porträts und Genrebilder, in denen sie nicht die üblichen weiblich-häuslichen Themen aufgreift. Sie zeigt lieber lachende, feiernde Menschen, oft Musikanten oder Spieler und Zecher im Wirtshaus – eine fröhliche, eher derbe Gesellschaft, interessant beleuchtet im Lampenlicht.
Ihr bekanntestes Werk ist aber sicherlich ihr Selbstporträt von 1630. So selbstbewusst, souverän und entspannt, wie sich die Künstlerin hier präsentiert, hat sich bis dato noch keine Malerin gezeigt. Interessant auch: unter der Figur des Musikanten im Bild, versteckt sich eine Frauenfigur, wie Röntgenaufnahmen zeigen – ein zweites Selbstporträt?
Kurze Karriere
Ehe, Kinder, Haushalt – beenden ab 1636 die viel zu kurze Karriere der Judith Leyster. Sie wird Mutter von 5 Kindern und malt noch in der Werkstatt ihres Mannes Jan Miense Molenaer, aber es gibt fast keine signierten Bilder mehr von ihr aus diesen Jahren. 1660 stirbt die Künstlerin; ihre Bilder werden ins Inventar aufgenommen als Werke der „Ehefrau von Molenaer“!
Autorin: Andrea Brendel, Januar 2024
Quellen:
Elke Linda Buchholz: Die grössten Künstlerinnen von der Renaissance bis zur Gegenwart. (Seite 26-27) area Verlag, Erftstadt. 2007. ISBN 978-3-8361-1030-3
https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/judith-leyster/
https://artinwords.de/judith-leyster/
https://de.wikipedia.org/wiki/Judith_Leyster
https://artsandculture.google.com/story/DQIChb-z8As2Jg
Bilder:
Judith Leyster: Selbstporträt, um 1630 – Selected work 11 of Self Portrait: Renaissance to Contemporary (Anthony Bond, Joanna Woodall, ISBN 978-1855143579),Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11871647
Judith Leyster: Mann, der einer jungen Frau Geld anbietet, 1631 – Geheugen van Nederland: Pic, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=776775
Judith Leyster: Eine Partie Tric Trac, um 1630 – Eigenes Werk, uploader: Rlbberlin, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=776800