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Agnes Pockels (1862 – 1935) – erfindungsreiche Autodidaktin

Die Physikochemikerin erfand die “Schieberinne“ zur Untersuchung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten.

Agnes Pockels, Porträtgemälde gemalt von ihrer Tante Caroline Pockels, ca 1892
Agnes Pockels, Porträtgemälde gemalt von ihrer Tante Caroline Pockels, ca 1892

Die Offizierstochter besuchte die Städtische Oberschule für Mädchen in Braunschweig. Sie verzichtete auf ein Studium, um häusliche Tätigkeiten sowie die Pflege ihrer Eltern zu übernehmen, welche nach Aufenthalten in Malaria-Gebieten Italiens gesundheitlich angeschlagen waren. Dennoch entdeckte die naturwissenschaftlich interessierte Pockels als Autodidaktin bedeutende Grundlagen auf dem Gebiet der Ober- und Grenzflächenspannung. Sie entwickelte aus einfachen Gegenständen eine Messapparatur, die sie „Schieberinne“ nennt.

Lapidar bemerkt sie in ihrem Tagebuch: „1880 oder 81: Habe das anomale Verhalten der Wasseroberfläche entdeckt. 1882: Habe Schieberinne (Trog) erfunden. 1883: Habe groߟe Schieberinne anfertigen lassen.“ Die von ihr erfundene “Schieberinne” zur Untersuchung der Oberflächen von Flüssigkeiten wird (in modifizierter Form) noch heute benutzt.

Schematic showing surfactant molecules (soaps) on the surface of water
Schematic showing surfactant molecules (soaps) on the surface of water

„… was Millionen von Frauen täglich mit Unlust sehen und beschäftigt sind, hinwegzuputzen – das fettige Abwaschwasser – das regte diese Eine (Agnes Pockels) zu Beobachtungen und schlieߟlich zur wissenschaftlichen Bearbeitung einiger Fragen an“, schreibt ihre Schwägerin Elisabeth Pockels. Mit der Versuchsapparatur zur Messung von Oberflächenspannungen, die Agnes Pockels entwickelte, schuf sie die Grundlage für die Aufklärung vieler Grenzflächenphänomene.

Da ihre Forschungsergebnisse von deutschen Wissenschaftlern zunächst missachtet wurden, teilte sie diese 1891 dem englischen Physiker und späteren Nobelpreisträger John William Strutt, dem 3. Baron Rayleigh mit, der für die sofortige Veröffentlichung (etwa im Fachblatt Nature) sorgte, was Pockels und ihre Arbeit in Deutschland umgehend bekannt machte. Am Physikalischen Institut in Braunschweig erhielt sie daraufhin Arbeitsmöglichkeiten und ferner Einladungen aus weiteren Städten.

Langmuir-Trog, die moderne, verfeinerte Version von Agnes Pockels Schieberinne
Langmuir-Trog, die moderne, verfeinerte Version von Agnes Pockels Schieberinne

Am 27. Januar 1932 wurde Pockels von der Technischen Hochschule Braunschweig für ihre bahnbrechenden Forschungen zur Oberflächenchemie als erster Frau die Ehrendoktorwürde Dr. Ing. h. c. verliehen.

Autorin: Brigitte Nguyen-Duong, 03.2022

Quellen:

https://www.tu-braunschweig.de/agnes-pockels-labor/wer-war-agnes-pockels

https://en.wikipedia.org/wiki/Agnes_Pockels

Bilder:

Agnes Pockels, Porträtgemälde gemalt von ihrer Tante Caroline Pockels, ca 1892. Von Autor/-in unbekannt – https://www.tu-braunschweig.de/Medien-DB/agnespockelslab/download/chemkon_agnes_pockels.pdf, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40892203

KSV NIMA, Lamuir-Trough. Author: Jyrkopela, CC BY SA 4.0 – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ksv-nima-medium-lb01.jpg?uselang=de

Schematic showing surfactant molecules (soaps) on the surface of water. By Major measure – Own work, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5393833